Eine verschwundene Attraktion
Wien: Sonderzahl Verlag 2002
Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert traten so genannte „Hungerkünstler“ in den USA und später auch in Europa auf. Die enorme, uns rückblickend kurios und befremdend anmutende Faszination, die diese absichtlich hungernden Menschen auf das zeitgenössische Publikum ausübten, steht im Mittelpunkt des Buches. Am Beispiel berühmter Hungerkünstler, die in Wien auftragen, werden die gesellschaftlich-kulturellen Rahmenbedingungen untersucht, die diese spezielle Unterhaltungsform zur Modeerscheinung werden ließen.
Obwohl bereits Franz Kafka in seiner berühmten Erzählung darauf hinwies, wie schwierig es letztlich sei, jemandem die Hungerkunst zu erklären, lässt sie sich doch als Teil einer Weltanschauung verstehen, die im besonderen Maße vom steigenden wissenschaftlichen Interesse am Menschen geprägt war. Vor allem das Bürgertum verfolgte die Darbietungen der Hungerkünstler mit großem Interesse, verband sich in ihnen doch die wachsende anthropologische Neugier mit dem Flair des Fremden und Exotischen. In einem ersten Überblick werden die wichtigsten Vertreter der Hungerkunst, allen voran der legendäre Giovanni Succi, vorgestellt und die wesentlichden Gründe für die rasche Popularisierung des Schauhungerns, aber auch die mitunter heftige Kritik daran analysiert. Daran anschließend werden der genaue Ablauf und die Inszenierung der Veranstaltungen, die Reaktionen des Publikums sowie biografische Hintergründe und Motivationen der Akteure näher erläutert.
Inhalt:
Die Ausbreitung des Schauhungerns in Europa: Vorläufer – Eine neue Unterhaltungsform entsteht – Im Namen der Wissenschaft – Kommerzialisierung und Krise – Das Verschwinden einer Attraktion – Schau-Platz Wien: Der erste Auftritt eines Hungerkünstlers: Giovanni Succi (1896) – Die Inszenierung von Riccardo Sacco und Auguste Victoria Schenk (1905) – Der Wettkampf zwischen Nicky, Fred Ellern und Max Michelly (1926). (116 S., 26 Abb.)
Pressestimmen:
Peter Payer hat das vergessene Metier der Hungerkünstler in einer gut lesbaren, knappen Monografie anschaulich gemacht. (Berliner Zeitung)
Das Schauhungern wurde nach Europa importiert, und was dort geschah, kann man in Peter Payers Buch lesen. (…) das offene Geheimnis der so genannten menschlichen Natur, die man in ihrer tragischen Lächerlichkeit auch am wechselnden Geschick des Schauhungerns studieren kann. (Die Zeit)
Mit seiner Studie legt Peter Payer weit mehr vor als nur eine gut recherchierte Geschichte über abgemagerte Artisten. Er erinnert auch mit seinem jüngsten Buch an Facetten der Wiener Stadtgeschichte, über welche die herkömmliche Geschichtsschreibung bislang hinweggegangen ist. (Die Furche)