Eine Kulturgeschichte der öffentlichen Bedürfnisanstalten von Wien
Wien: Löcker Verlag 2000
„Im vorigen Jahrhundert noch war’s, daß gewisse Männer oder Weiber, mit einer wohl verdeckten Butte auf dem Rücken oder auf dem Schiebkarren, durch die belebtesten Straßen zogen mit dem ungenirten Appell an die Passanten: ‚Wer will, wer mag um ein Kreuzer in mein‘ Butten –!‘ Derjenige, welchem dieser Volksruf genehm war, begab sich mit dem Mahner etwas abseits und that, was er nicht lassen konnte; fast so frank und frei, wie der Mailänder auf dem Domplatze, oder der eingeborene Araber in der eleganten Schubra zu Kairo.
Wir sind discreter geworden. Statt jener adamitischen Form haben wir an den wichtigsten Verkehrspunkten für die Bedürftigen allerliebst gebaute und sorgfältig verwahrte ‚Cabinets d’aisance‘ errichtet, in deren Porticus eine würdige Matrone sitzt und in den Zwischenpausen vielleicht Scribe’s ‚Feenhände‘ liest. Die Civilisation schritt auf allen Linien vorwärts.“ (Friedrich Schlögl, 1883)
Inhalt:
Das öffentliche Verrichten der Notdurft: Ein Stück europäischer Zivilisationsgeschichte – Vor- und Frühformen öffentlicher „Anstandsorte“ in Wien – Wilhelm Beetz: Kaufmann und Hygienepionier – “ … in gefälliger Form erbaut“: Zur Konstruktion und Innenausstattung der Beetzschen Anlagen – Die Zivilisation zieht Bilanz: Der kontroversielle Umgang mit den neuen Einrichtungen – Der Gang in die Tiefe: Unterirdische Bedürfnisanstalten – Das Beetzsche Öl-Urinoir – Die Zeit nach Wilhelm Beetz – Die Benutzer der Bedürfnisanstalten – „Tagfrauen“ und „Nachtfrauen“ – Über den gegenwärtigen Umgang mit öffentlichen Toiletteanlagen. (248 S., 106 Abb.)
Pressestimmen:
Wer sich über peinliches Lächeln erhaben weiß und ein sozialgeschichtliches Interesse an den Kehrseiten der Großstadt hat, der greife zu diesem Band! (ORF-Ex libris)
Die Faktenfülle über das freilich ebenso elementare Bedürfnis wie gesellschaftlich tabuisierte Thema setzt wahrhaft in Erstaunen. (Wiener Geschichtsblätter)
Peter Payer bringt Licht ins Dunkle eines Themas, das wirklich jeden betrifft, dessen geschichtliche Entwicklung aber bisher eher unbekannt war. (dérive. Zeitschrift für Stadtforschung)